Querschnittlähmung –
individuelle und ganzheitliche Behandlung
Behandlung von Menschen mit Querschnittlähmung
Querschnittgelähmte Menschen werden seit über 40 Jahren in unserer Orthopädischen Klinik behandelt. Die Behandlung ist auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten abgestimmt. Ein motiviertes multiprofessionelles Behandlungsteam aus Pflege, Physiotherapie, Sporttherapie, Ergotherapie, Logopädie, Orthopädietechnik und Betreuung durch den Sozialdienst und Psychologen sowie das Angebot der Klinikseelsorge gewährleisten eine optimale Versorgung.
Die Behandlung von Menschen mit Querschnittlähmung geschieht unter dem Blickwinkel ganzheitlicher Aspekte. Die grundlegende operative Therapie zur Entlastung des Rückenmarks, Stabilisierung der Wirbelsäule und Wiederherstellung von Form und Statik ist in enger Kooperation mit der Abteilung für Wirbelsäulenorthopädie ein integraler Bestandteil.
Wichtige Themen
Es handelt sich bei unserer Einrichtung um ein Akutkrankenhaus, bei der die Einrichtungen und Möglichkeiten einer Akutversorgung von Patienten gegeben sind. Neben eines umfangreichen Repertoires konservativer Therapiemethoden bieten wir vielfältige operative Therapiemaßnahmen querschnittgelähmter Patienten an. Dennoch weist die spezifische Querschnittbehandlung Merkmale einer Rehabilitationsbehandlung auf. Hier sind eine hohe Therapiedichte hinsichtlich Ergotherapie und Physiotherapie zu nennen, die übliche Rehamaßnahmen noch übersteigt. Es werden ferner die sozialmedizinischen wie psychischen Belange des Patienten berücksichtigt.
Wir behandeln im Rahmen der sog. Erstbehandlung in unserer Einrichtung frisch querschnittgelähmte Patienten mit verschiedenlichster Ursache der Erkrankung. Häufig werden Patienten nach einer operativen Therapie am Heimatort überregional in unser Haus zuverlegt. Da Zentren für Tetra- und Paraplegie spezialisierte Einrichtungen sind, treffen dort Patienten unterschiedlichster Regionen aus Deutschland zusammen. Ihre Angehörigen finden am hiesigen Gästehaus die Möglichkeit der Unterkunft. Bei längeren Aufenthalten besteht auch die Möglichkeit, bei privaten Vermietern zu wohnen und so die hiesige Behandlung zu begleiten.
Eine Akutbehandlung einer frischen Querschnittlähmung, die einer operativen Therapie bedarf, ist je nach Erkrankungsursache auch in unserem Hause möglich. So behandeln wir Querschnittlähmungen, die durch Bandscheibenvorfall und Enge des Wirbelkanals verursacht sind. Auch Querschnittlähmungen durch Druck eines Tumors finden in unserem Hause eine operative Therapie.
Im Rahmen der Comprehensive Care, der lebenslangen Nachsorge, besteht das Angebot einer Spezialambulanz für Betroffene. Komplikationsbehandlungen können je nach Befund und Erkrankung ambulant oder stationär durchgeführt werden.
Ja – in enger Zusammenarbeit zwischen Atmungstherapeut und Arzt werden Patienten mit querschnittbezogenen respiratorischen Problemen versorgt.
Dies beinhaltet die invasive (über Trachealkanüle oder Tubus) und die non-invasive Beatmung (über Maske) bei akuter respiratorischer Insuffizienz (Beatmungsnotwendigkeit), das Weaning (Entwöhnung) hiervon, ein effektives Husten- und Sekretmanagement, eine Atelektasenprophylaxe bei Langzeitbeatmung sowie die Überleitung in die außerklinische Langzeitbeatmung.
Jeder Patient wird von einem festen Pflegeteam begleitet, das ihn von der Aufnahme bis zur Entlassung bei allen Belangen des täglichen Lebens unterstützt. Die komplette Pflege ist an den individuellen Bedürfnissen des Patienten orientiert und wird gemeinsam mit ihm geplant, durchgeführt und überprüft. Regelmäßige Fort- und Weiterbildungen garantieren dabei, dass geltende Standards eingehalten und die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt werden.
Für Patienten und Angehörige bietet der psychologische Dienst Hilfe bei der Bewältigung der Belastung, die eine Querschnittlähmung und die dadurch veränderte Lebenssituation mit sich bringt. Der Umgang damit bildet einen Schwerpunkt, ein weiterer ist die Unterstützung bei der mentalen Bewältigung von chronischen Schmerzzuständen. Es gibt Beratung bei psychosozialen Konflikten und Entspannungstraining. Weiterhin wird eine Vermittlung zu Selbsthilfegruppen sowie niedergelassenen psychologischen Psychotherapeuten angeboten.
Auch unsere Klinikseelsorge, unverzichtbares Profilmerkmal unserer diakonischen Einrichtung, bietet Hilfe und Begleitung an: Sei es, die krisenhafte Situation aus Sicht des Glaubens zu betrachten und dadurch Ressourcen zu entdecken und zu stärken, die der Glaube zur Bewältigung des Lebens bietet, oder gemeinsames Schweigen, ein stellvertretendes Gebet sowie die Fragen nach dem „Warum“. Die Seelsorge gehört für uns zur ganzheitlichen medizinisch notwendigen Versorgung der Patienten dazu.
Auch hier greift unser ganzheitliches Prinzip. So bietet zum Beispiel die Physiotherapie nach den ersten Maßnahmen wie Atemtherapie und Kreislauftraining in der Akutphase ein Training an, das die passive Beweglichkeit der Gelenke sicherstellt und die vorhandenen Restfunktionen weiter aufbaut. Danach werden mit dem Patienten gemeinsam Bewegungsabläufe trainiert, um den Alltag möglichst selbständig bewältigen zu können. Dazu gehören unter anderem Übungen mit dem Rollstuhl und Rollstuhlsport, die Handhabung eines Exoskeletts, ein spezielles Bewegungsbad für Querschnittgelähmte und eine medizinische Trainingstherapie. Auch Sportarten wie Tischtennis und Bogenschießen werden angeboten, ebenso wie Yoga.
Aufgabe der Ergotherapie ist es in diesem Zusammenhang, für jeden Patienten in allen Bereichen (persönlich, häuslich und beruflich) ein größtmögliches Maß an Selbständigkeit in der Lebensführung zu erreichen. Dabei wird in Einzel- und Gruppentrainings die Selbstversorgung geübt, begleitet von einer funktionellen Behandlung. Lebenspraktische Übungen werden kombiniert mit funktionellen, spielerischen, handwerklichen und gestalterischen Techniken, um die Einschränkungen durch die Behinderung durch angepasste Arbeitsabläufe und Verhaltensweisen möglichst zu kompensieren. Dafür steht den Patienten ein Team von sieben examinierten Ergotherapeuten zur Verfügung.
Die veränderte Lebenssituation durch Querschnittlähmung stellt die Patienten vor weitere Herausforderungen, wenn es zum Beispiel um Kontaktaufnahme zur ambulanten Krankenpflege zuhause und hauswirtschaftlichen Unterstützung geht. Hier hilft gern unser sozialer Dienst, der natürlich auch bei diversen Antragstellungen bei Kostenträgern und Behörden behilflich ist und über alle Leistungen der Kranken- und Pflegekassen, der Sozialämter und Beratungsstellen informiert. Unsere Mitarbeiter unterstützen Patienten und Angehörige nach Möglichkeit bei allen Problemen und Fragen, die durch die Querschnittlähmung entstehen.
Unsere Logopäden diagnostizieren und behandeln Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen. Dazu gehören alle Arten von Stimmstörungen, seien sie nun organischer, funktioneller oder psychogener Natur. Hierzu wird auch eine Reizstromtherapie angeboten.
Weiterhin helfen sie bei Störungen des Redeflusses wie dem Stottern oder Poltern und bei Sprechstörungen wie der Dysarthrie. Reine Sprachstörungen wie Aphasie oder Sprechapraxie gehören ebenso zum Behandlungsspektrum wie Schluckstörungen und ein Trachealkanülenmanagement.
Ja. Ziel unseres interdisziplinären Team ist es die Lebensqualität unserer Patienten zu erhöhen und durch einen hohen Grad an Selbstständigkeit eine uneingeschränkte Teilnahme am täglichen Leben zu ermöglichen. Wir bieten konservative Behandlungsmöglichkeiten (Harnwegsinfektprophylaxe, Ernährungsberatung) sowie operative Methoden (Botolinum-Toxin-A, Implantation eines sakralen Neuromodulators, künstlicher Schließmuskel und vieles mehr) an.
Die Ursachenforschung wird mittels einer ausführlichen pflegerischen Anamnese inkl. der Anwendung von Assessments, die das Risiko eines Druckgeschwürs bewerten und einstufen. Die bildgebende Gefäßdarstellung sowie die Labordiagnostik runden das Verfahren zur Ursachenforschung ab. Weiterhin wird eine Überprüfung des Sitzkissens, durch unsere ergotherapeutische Abteilung in Kooperation mit der hiesigen Orthopädie-Technik durchgeführt. Hier wird überprüft, inwieweit eine optimale Entlastung der empfindlichen Weichteile dauerhaft gewährleistet ist.
Für die Behandlung von Druckgeschwüren steht uns ein breites Repertoire an Behandlungsmöglichkeiten, die individuell auf den Patienten abgestimmt sind, zur Verfügung. Neben einer operativen Therapie zur Wundreinigung (Debridement und Jet-Lavage) finden regelmäßige Wundvisiten statt. Durch die Wundvisiten kann der Einsatz von modernen Verbandsmaterialien, wie Biomaden und Medihoney, individuell anhand der aktuellen Wundheilungsphase angepasst werden. Hier sind zertifizierte Wundmanager im Einsatz, die von pflegerischer Seite, die ärztliche Therapie unterstützen. Weiterhin bieten wir Liege- und Sitzdruckmessungen zur Überprüfung der Sitzstatik und Prophylaxe von Druckstellen.
Neben der Anwendung verschiedentlicher Verbandsmaterialien kommt der Einsatz von Biomaden vor, ebenso eine Therapie mittels Vacuum-Pumpe (VAC-Therapie). Nach entsprechender Wundvorbereitung ist häufig die Voraussetzung geschaffen eine Wunddeckung durch eine Lappenplastik-Operation anzubieten.
Zur Unterstützung der Wundheilung werden verschiedene Lagerungstechniken, sowie Weich- und Wechseldruckmatratzen eingesetzt. Dies wird individuell auf den Patienten abgestimmt- dabei spielt die Aufklärung des Patienten eine zentrale Rolle. In regelmäßigen Abständen bieten wir unseren Patienten zur Vorbeugung eines Decubitus Schulungen an.
Die Dauer des stationären Aufenthaltes hängt von der Geschwindigkeit der Wundheilung ab. Hier kommen Aufenthalte von einigen Wochen bis hin zu vielen Monaten vor. Unsere Patienten werden hier auf entsprechenden Wechseldruckmatratzen bis hin zu Spezialbetten gelagert, die eine quasi schwerelose Lagerung und damit Entlastung der empfindlichen Weichteile ermöglichen.
Bei Besiedelung der Haut mit speziellen Bakterien, wie dem MRSA-Erreger, ist eine Isolierung des Patienten in der Tat notwendig. Hierbei ist es jedoch nicht zwingend notwendig, alleine zu liegen. Es besteht hier die grundsätzliche Möglichkeit von 2-Bett-Zimmern, was aus hygienischer Sicht unbedenklich ist. Entsprechende Hygienemaßnahmen werden hier strikt eingehalten. Es stehen jedoch auch Betten zum alleinigen Aufenthalt zur Verfügung.
Auch während der Isolationsbedingungen werden engmaschig ergo- und physiotherapeutische Übungsbehandlungen vorgehalten. Je nach Grundproblematik des Patienten ist eine Therapie unter entsprechenden Hygienemaßnahmen in unserer physiotherapeutischen Abteilung möglich. Ein Rollstuhltraining im Außenbereich kann ebenfalls wahrgenommen werden. Eingeschränkt ist allerdings die Möglichkeit der Bewegung im Haus. Bei Tragen entsprechender Schutzkleidung sind direkte Wege zur Therapieeinrichtung bzw. in den außerhäuslichen Bereich einzuhalten.
Zwar handelt es sich beim dem häufig vorkommenden MRSA-Erreger um ein prinzipiell alltägliches Bakterium, das die Haut des Menschen besiedelt. Dieses spezielle Bakterium hat es allerdings gelernt sich einer erheblichen Zahl an Antibiotika zu widersetzen, weshalb man von einer Resistenz spricht. Um die Ausbreitung eines solchen, schwer zu behandelnden Bakteriums zu verhindern ist eine Isolation und entsprechende Hygienemaßnahme notwendig.
Es wird eine ursachenbezogene Therapie durchgeführt, wenn Druckgeschwüre vorhanden sind, die eine Abwehrschwäche des Patienten darstellen. Häufig ist nach vollständiger Abheilung von Druckgeschwüren eine Sanierung von Erfolg gekrönt, so dass die MRSA-Besiedelung kein lebenslanger Zustand bleiben muss. Je nach Grunderkrankung des Patienten und Gesamtsituation des Patienten wird eine sanierende Therapie durchgeführt. Hier wird mit Mundspüllösung sowie desinfizierenden Waschlösungen eine Sanierung angestrebt.
Die Diagnostik und Therapie von neurogenen Blasen-Darm- und Sexualitätsfunktionsstörungen bei rückenmarkverletzten Patienten (angeboren z.B. Spina bifida, unfall- oder tumorbedingt) stellt die Kernkompetenz der Neuro-Urologie dar. Patienten mit anderen neurologischen Grunderkrankungen wie beispielsweise Multiple Sklerose, M. Parkinson, Schlaganfälle, Kinderlähmung oder auch Diabetes mellitus sind zwar im Rahmen ihrer Grunderkrankung gut versorgt, die neurourologischen Probleme dieser Patienten werden allerdings meist zu spät erkannt und fehlinterpretiert.
Aus neurourologischer Sicht steht die weitgehende Wiederherstellung der Blasenfunktion, die Harnkontinenz, die Vermeidung von häufigen Harnwegsinfekten und somit der Schutz der Nieren an erster Stelle. Ein wesentlicher Bestandteil in der Diagnostik sind die video-urodynamische und zystometrische Messung, Uroflowmetrie und das Beckenboden EMG.
Unmittelbar nach Eintritt der Querschnittlähmung muss mit der Behandlung begonnen werden. Eine ausreichende Stabilisierung der Harnblase und des Darms sind nicht vor Ablauf von vier bis sechs Monaten nach Schadeneintritt zu erwarten. Aus diesem Grund sind im gesamten Verlauf engmaschig neurourologische Kontrollen und Therapieanpassungen unabdingbar.
Unser Therapieangebot umfasst konservativ die medikamentöse Behandlung, Harnwegsinfektprophylaxe, Ernährungsberatung, Katheterismus, anale Irrigationsverfahren zur Stuhlregulierung. Operativ: Botulinum-A-Injektion, perkutane Neuromodulationstestung.
Operativ bieten wir in der Kooperation mit der Zentralklinik Bad Berka das gesamte neurourlogische Spektrum an.
Die Ärztin des Zentrum für Tetra- und Paraplegie
Dr. med. Josina Waldmann
Chefärztin
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Wenden Sie sich einfach an unser Fachzentrum Tetra- und Paraplegie, wir helfen Ihnen gerne weiter.